MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Moderator: timundstruppi

Benutzeravatar
oldiefan
Beiträge: 214
Registriert: Sa 14. Jan 2023, 18:04
Wohnort: Staufen / Breisgau

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von oldiefan »

Hallo Frank, Pollux, Mitleser,

den nachträglich von Grundig am Netzschalter auf der Leiterbahnseite über die unterbrochene Leiterbahn zu R814 eingebauten PTC C970 (Kaltleiter) habe ich auch gesehen. Der PTC C970 ist eine Überstrombegrenzung, die R814 schützt. Der ist hier schon mal besprochen worden? Da muss ich mal suchen!

Über R814 soll doch das Netzteil schnell und möglichst vollständig entladen werden, wenn der MR 200 ausgeschaltet wird. Lt. Datenblatt dieses PTCs erhöht sich dessen Widerstand von 11 Ohm bei Raumtemperatur auch bei Betriebstemperatur bis ca. 60°C noch nicht merklich. Erst ab 80°C wirkt er. Bei Selbsterwärmung aufgrund seiner Verlustleistung bei hoher Entlade-Stromstärke kann sein Widerstand sich bei 100 °C auf ca. 150 Ohm erhöhen. Nach Datenblatt ist bei 80°C der max. PTC-Strom bei 30-40 V ca. 200 mA. Da der PTC in Reihe zu R814 (47 Ohm) liegt, erhöht sich der Entlade-Gesamtwiderstand, das Netzteil und die Endstufen entladen sich dann langsamer. Aber offenbar war das nötig, um den Ausfall von R814 zu verhindern oder eine Vorsichtsmassnahme, falls mal der Hilfs-Schaltkontakt hängen sollte.

Der PTC ist der Grund, warum die Entladezeit für Netzteil und Endstufen grösser ist, als nach Schaltplandaten (in dem der PTC noch nicht eingezeichnet ist) angenommen wird. Wenn man also unmittelbar nach dem Ausschalten des MR 200 gleich wieder einschaltet, ist die Entladung aufgrund des PTC evtl. noch nicht ausreichend erfolgt und es kann dadurch (wie aus der Simulation abgeleitet) zu einer zerstörerischen Stromspitze in der Endstufe kommen. Das trifft besonders dann zu, wenn dieser PTC defekt ist, also auch bei Raumtemperatur hochohmig ist oder die Masseverbindung über das vordere Kühlblech für die Stabi-Transistoren nicht in Ordnung ist.

Diese Abschweifung und Erwähnung des PTC durch Frank war sehr hilfreich, denn sie hat mich zu genauerer Inspektion (mit der Lupe) an dieser Stelle bewegt. Dadurch kam heraus:

Am Gerät von Rufula habe ich einen Bruch der Lötstelle der Masseverbindung zu den Hilfskontakten am EIN-/Ausschalter festgestellt. Damit kann beim Ausschalten natürlich keine Entladung über R814 und R813 stattfinden. Der Bruch war am Ende der kurzen dicken Leiterbahn, direkt neben einer der Befestigungsschrauben des Netzschalters.

Diese Masseverbindung geht über das Kühlblech für den Stabi-Transistor T839. Der Lötkontakt zum Kühlblech im roten Kreis war gebrochen. Der zweite erforderliche Masse-Kontakt des Kühlblechs ist mit grünem Kreis markiert und sollte auch überprüft werden:
Masseverbindung ueber Kühlblech.jpg
Masseverbindung über Kühlblech.jpg
Masseverbindung über Kühlblech_2.jpg
(auf Isolier-Unterlegscheibe an der Schraube des Netzschalters achten!)

Gut zu wissen, dass Du noch Fotos hast, sollte ich da noch mal eins brauchen!

Die Kondensatoren von Dir habe ich eben eingebaut.
Ich suche nochmal die ganze NF-Platine unter der Lupe ab, ob ich noch was finde. Wenn nicht, sehe ich im Moment an der NF-Platine nichts, was ich da noch zu machen hätte. Dann kommt als Nächstes der AFC-Fehler auf der HF-Platine dran.

Gruß
Reinhard
Benutzeravatar
timundstruppi
Beiträge: 2201
Registriert: Do 29. Sep 2016, 17:25
Wohnort: schloss mühlenhof

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von timundstruppi »

Interessant.
Gab es da nicht einen -2 Typen mit KH Ausgang. Vielleicht hat der auch den PTC. Diese Mimik hatte ich übrigens zu Anfang mal erwähnt und dass sie gerne nicht funktioniert. PTC war mir unbekannt, habe nur 2 MR200 beide heil, aber nicht im Gebrauch, einer aber jahrelang in der Küche

1,5 dB Abweichung beim Phono durch die falschen Cs? Das hört nicht jeder ;)
Benutzeravatar
oldiefan
Beiträge: 214
Registriert: Sa 14. Jan 2023, 18:04
Wohnort: Staufen / Breisgau

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von oldiefan »

HiFi-Anspruch war hier "RIAA Entzerrung innerhalb 1 dB genau oder besser". Schlechter machen ist ja auch nicht erforderlich. Grundig hat dafür eine Kapazitätstoleranz von 2,5 % und Widerstandstoleranz von 2% eingehalten. Vorbildlich.

PTC
Ich denke sogar, dass der PTC in der späteren Serie (MR 200-2) wieder verschwunden ist. Auf der MR 200-2 Abbildung der Leiterbahnseite der NF-Platine im rm.org sehe ich den PTC nämlich nicht - und auch kein Anzeichen, dass er auf der Bestückungsseite angebracht wäre, denn die betreffende Leiterbahn müsste dafür ja eine Unterbrechung haben, die nicht vorhanden ist.

Gruß
Reinhard
Benutzeravatar
timundstruppi
Beiträge: 2201
Registriert: Do 29. Sep 2016, 17:25
Wohnort: schloss mühlenhof

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von timundstruppi »

Ich war ab 87 in Studium in mehreren Fertigungen (nicht Hifi): Ein Schaltplan ist immer nur ein kleiner Teil der Fertigungsunterlagen. Wird in der Fertigung eigentlich nicht gebraucht, nur im Testbereich, um Fehler zu finden. Bestückungspläne und Verdrahtungs-/Klemmenpläne gibt es da, u.a.

Ich glaube nicht, dass es bei Grundig groß anders ablief und die Dokumentenpflege läuft hinterher. Mit PC war dann alles anders, als ich dann nach dem Studium im Beruf stand. Pflege trotzdem immer später... ;)

Teilweise wurden 10 Jahre alte Schaltungen noch repariert (EXgeschützt, hochwertig). Im Grundigwerk undenkbar.

Vielleicht hat ja einer Kenntnis, wie es 10 Jahre früher bei Grundig ablief :?:

Unsere Grundigpläne sind nicht immer der letzte gepflegte Stand, vor allen, wenn die Serie ausgelaufen war.
Benutzeravatar
oldiefan
Beiträge: 214
Registriert: Sa 14. Jan 2023, 18:04
Wohnort: Staufen / Breisgau

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von oldiefan »

Ich schrieb: "Auf der MR 200-2 Abbildung der Leiterbahnseite der NF-Platine im rm.org sehe ich den PTC nämlich nicht..."
"Abbildung der Leiterbahnseite" meint das Foto der Platinenleiterbahnseite und nicht einen Schaltplan oder den Druck in den Service-Unterlagen. Hätte ich noch dazusagen sollen.

https://www.radiomuseum.org/images/radi ... 739554.jpg

Also keine Frage, ob der gedruckte Schaltplan oder das gedruckte Lötseiten Layout in den publizierten Service-Unterlagen beim MR 200-2 zutrifft oder nicht.

Gruß
Reinhard
Rufula
Beiträge: 79
Registriert: Sa 17. Dez 2022, 19:41
Wohnort: Leipzig

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von Rufula »

Da sind auch keine nachträglich eingelöteten Drähte zu sehen, anscheinend wurde das Layout überarbeitet.
Viele Grüße aus Leipzig
Frank
Benutzeravatar
oldiefan
Beiträge: 214
Registriert: Sa 14. Jan 2023, 18:04
Wohnort: Staufen / Breisgau

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von oldiefan »

Phono-Fehler Fortschritt:

Nachdem ich schon geglaubt hatte, praktisch ALLES in der Phonosektion überprüft zu haben, habe ich schliesslich doch noch einen Bestückungsfehler in beiden Kanälen gefunden. Eine rigorose Liste aller überprüften Teile hatte zutage gefördert, dass ich offensichtlich bei R717 und R617 etwas oberflächlich war. Also habe ich dort explizit nochmal nachgemessen.

Und siehe da:
Für R717 und R617 waren 100 Ohm Widerstände eingebaut!
Es müssten aber - wie im Schaltplan - jeweils 100 kOhm sein, damit mit der parallel liegenden Eingangsimpedanz der Phonoverstärkerstufen, die ebenfalls knapp 100 kOhm ist, die normgerechte Gesamteingangsimpedanz der MM-Phonovorverstärkerstufe von ca. 47 kOhm resultiert.

Überprüfte Bauteile Phono mit ihren Leiterbahnverbindungen grün markiert.
Rot = falsch bestückt (100R statt 100k)
Phono_Phono Check.jpg

Irgendwie fiel mir ein Stein vom Herzen als ich diesen Fehler gefunden habe, steht doch immer noch die Lösung des Phono-Motorboatings als Aufgabe an.
Habe ich damit den Auslöser gefunden? Ich bin immer noch skeptisch.


AFC-Fehler Fortschritt:

Die HF-Platine sieht grösstenteils "unangetastet" aus.
Ausnahme: C516 und C519, beide sollen 0,68 µF Tantalkondensatoren sein, sind ich durch 0,68 µF Sub-Miniatur-Elkos ersetzt worden. Das muss ich noch rückgängig machen. Subminiaturelkos sind sowieso, aber besonders im HF-Kästchen, fehl am Platz (ich hatte dazu früher schon geschrieben). Ausgerechnet diese beiden Kondensatoren befinden sich im Sensor-Schaltkreis für die AFC, die nicht funktioniert. Die beiden Tantalkondensatoren sind derzeit im Zulauf.

D312 (Kapazitätsdiode für AFC) und D513 (Zenerdiode) messen unauffällig, korrekte Vorwärtsspannung.
Die originalen Nippon Chemicon Elkos im HF-Kästchen sehen optisch ok aus. Ich gehe erfahrungsmässig bei dieser Sorte erstmal von ordnungsgemässer Funktion dieser Elkos aus.

Was ich ja nicht einfach testen kann, das "steuernde Herz der AFC", sitzt im IC TDA1047. Dort könnte tatsächlich das Problem sein. Der Stereodecoder-IC war ja auch defekt (durch Überspannung?). Ich habe deshalb gestern bereits vorsorglich den TDA1047 ersetzt. ICs in doppelseitigen Platinen zu ersetzen, besonders, wenn einer der Pins auch noch in einer grossen Massefläche verlötet ist, wie hier, ist eine zeitraubende Sache (für mich jedenfalls). Der Austausch ist gutgegangen.

Ob ich mit diesen Massnahmen die Fehler behoben habe, wird sich zeigen, wenn der MR 200 wieder zusammengebaut ist, nachdem die Tantalelkos eingelötet sind.


Gruß
Reinhard
Benutzeravatar
oldiefan
Beiträge: 214
Registriert: Sa 14. Jan 2023, 18:04
Wohnort: Staufen / Breisgau

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von oldiefan »

Phono-Motorboating Problem gelöst

Nach Ersatz der
a) Koppelkondensatoren zur nächsten Stufe (auf 0,1 µF Folie wie im Schaltplan zurückgebaut)
b) Elkos
c) RIAA-Entzerrkondensatoren in der Gegenkopplung (bessere Toleranz)
d) Widerstände von den Eingängen nach Masse mit den richtigen Werten (100k)

ist der Phono-Entzerrervorverstärker jetzt in Ordnung.

Ich vermute sehr stark, dass das Motorboating aufgrund unzureichender Subsonic-Entkopplung zwischen Phono-Verstärkerstufe und der nächsten Stufe hervorgerufen wurde. Die Zeitkonstante wurde dabei durch 470R/220µF in der Stromversorgung bestimmt. Der Ersatz der 1 µF Koppelelkos durch 0,1 µF Folienkondensatoren hat die Phonostufe von der nachfolgenden Stufe (an der auch der Balancesteller sitzt, der ja einen überraschenden Einfluss hatte), subsonicmässig nun viel besser getrennt, das Motorboating ist damit verschwunden.

AFC funktioniert immer noch nicht - leider.
Da werde ich im nächsten Schritt die Kapazitätsdiode und die Elkos in diesem Teil ersetzen.


und... eine besonders herbe Enttäuschung zum Schluß...
Ich hatte jetzt gewagt, den MR 200 direkt am Netz einzuschalten ohne Hochfahren mit dem Trennstelltrafo. Prompt hat das die linke Endstufe übelgenommen und bei beiden Leistungstransistoren des linken Kanals waren wieder die CE-Strecken durchlegiert. Ausserdem Komplettausfall des Schutztransistors T743 (BC558 B). Die Feinsicherung war auch hinüber (es war eine 3,75 A/T statt der vorgeschriebenen 3,15 A/T eingebaut!). Sonst keine weiteren Schäden.

Also...beim Hochfahren der Netzspannung am Trennstelltrafo fällt die Endstufe nicht aus. Bei hartem Einschalten am Netz fällt sie immer noch sporadisch aus. Das ist die Lehre, nach wie vor. Alle bisherigen Bemühungen, den "Einschalttod" nachhaltig zu verhindern, waren nicht ausreichend!


Die Lehre daraus ist...da ich sonst keinen Fehler finden kann:
Der MR 200 mit der erneuerten Transistorbestückung braucht eine Einschaltstrombegrenzung, die den Strom zum Gleichrichter einige Sekunden lang nach dem Einschaltmoment auf einen für die Endtransistoren "sicheren Wert" begrenzt. So ein Modul müsste ich noch haben. Oder ich werde etwas finden, das dafür passt.


Gruß
Reinhard
Benutzeravatar
timundstruppi
Beiträge: 2201
Registriert: Do 29. Sep 2016, 17:25
Wohnort: schloss mühlenhof

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von timundstruppi »

Sind die 230 statt 220V auch Schuld daran?

In meiner ersten Firma hatten wir das Gebäude neben dem Einspeisetrafo. Meist hatten wir 240V. Alle paar Wochen hatte sich laut knallend der Entstörkondensator der Deckenbeleuchtung irgendwo verabschiedet beim morgendlichen Einschalten. Da war wenig Last und die Spannung noch höher.
Kaffeemaschinen lebten kein halbes Jahr und der Restkaffee wurde in der Kanne zur schwarzen Masse geröstet.

Ist deine Netzspannung ggf. sogar auch höher als 230V?
Benutzeravatar
oldiefan
Beiträge: 214
Registriert: Sa 14. Jan 2023, 18:04
Wohnort: Staufen / Breisgau

Re: MR200 Endstufe nächstes Kapitel

Beitrag von oldiefan »

Die höhere Netzspannung trägt vermutlich auch dazu bei. Bei mir 235-238 V, typisch. Endstufenspannung deshalb 46-48 V statt 44 V (Grundig).
Im Moment des Einschaltens ist der MR 200 auf Kante genäht. Hat er den Einschaltmoment überstanden (= Laden der Endstufen-Ausgangs-Koppelelkos), machen ihm anschliessend auch 238 V Netzspannung (48 V an der Endstufe) nichts mehr aus.

Gruß
Reinhard
Antworten

Zurück zu „MR 200“